Palmeselprozession. Gelebter Osterbrauch
Kulturelle Vergangenheit wird lebendig!
Wer an Ostern seinen Tirolurlaub in der Region Hall-Wattens verbringt, sollte sich unbedingt die Palmeselprozessionen in Thaur und Hall ansehen. Die Region Hall-Wattens besitzt eine große kulturelle Vergangenheit - sowohl in religiöser als auch in weltlicher Hinsicht. Gerade auf dem Land wurden viele Bräuche bis in die heutige Zeit behütet und gepflegt.
Um den Einzug von Jesus in Jerusalem darzustellen, entstand im Mittelalter der Brauch, bei Prozessionen hölzerne Palmesel mit einer darauf sitzenden Christusfigur mitzuführen. Der Palmesel-Umritt wurde vor allem zur Zeit der Aufklärung (Napoleonische Zeit) zurückgedrängt; seine Verwendung im Rahmen der kirchlichen Feier war zeitweilig vielerorts verboten. Aber heute wird im Sinne eines feierlichen Umzugs mit Musik, Palmträgern, Handarbeits Meistern mit ihren Zunftstangen in vielen Orten in Tirol wieder ein "Palmesel" mitgeführt. Vor allem in Thaur und Hall in Tirol.
Im ausgehenden Mittelalter hatte fast jeder Ort seinen Palmesel, der bei den Palmprozessionen mitgeführt wurde, um den Einzug Christi in Jerusalem zu symbolisieren. Dabei handelte es sich oft um lebensgroße Eselplastiken, auf denen nicht selten eine holzgeschnitzte Christusfigur ihren Platz hatte. Der Umzug mit einem Palmesel war einst im gesamten oberdeutschen Sprachraum, aber auch in den niederländischen und belgischen Gebieten verbreitet. Man verschmähte es auch nicht, sich "in der Nachfolge Christi" selbst auf einen Esel zu setzen. So pflegten die Salzburger Erzbischöfe im ersten Jahr nach ihrer Wahl einen Palmritt zur Nonnbergkirche zu machen - allerdings nicht auf einem plebejischen Esel, sondern auf einem Schimmel.
Im salzburgisch-oberbayerischen Raum durften die Kinder nach einem Bericht von 1785 auf einem lebendigen Palmesel reiten, bis das Konsistorium das "Eselsfest" verbot. Meist verwendete man aber hölzerne Esel, die festlich aufgeputzt waren und mit einer Christusfigur darauf auf einem Karren in der Prozession mitgezogen wurden. Ein ganz besonderer und begehrter Prozessionsesel stand am Anfang des 19. Jahrhunderts unter dem Nonnberger Tor in Salzburg. Das Holztier war ein wahres Wundertier, das Feigen und Bockshörndeln auswarf.
Die meisten dieser Esel sind dem Bildersturm der Reformationszeit zum Opfer gefallen; die Esel, die den Sturm überstanden, verbannte die Aufklärung Ende des 18. Jahrhunderts.
Thaurer Palmeselprozession
Besonders der kleine Ort Thaur hat sich mit seiner Tradition des Krippenschnitzens, dem Mullerlaufen in der Fasnachtszeit bis hin zur weithin bekannten Palmprozession einen Namen gemacht.
Gut 240 Jahre alt sind der Palmesel und die Christusfigur von Thaur in Tirol. Dieses Ensemble steht auf einem Wägelchen, das Ministrantinnen und Ministranten bei der Prozession von der Pfarrkirche Thaur zur Wallfahrtskirche „Romedikirchl“, in den Ort Rum und zurück nach Thaur ziehen. Während der Prozession hält die Christusfigur einen Palmzweig. Auch die Kinder des Ortes tragen Palmbuschen, Palmstangen und kleine, holzgeschnitzte Esel, während die Musikkapelle Prozessionslieder spielt. Die Prozession führt über Wiesen hinauf zum Kraftort Romedi-Kirchlein, wo eine kurze Andacht stattfindet, dann hinunter zur Pfarrkirche von Rum und nach einer weiteren Andacht wieder zurück nach Thaur.
Palmsonntag in Thaur
PALMSONNTAG, GEDÄCHTNIS DES KÖNIGLICHEN EINZUGS CHRISTI NACH JERUSALEM
Kirchenopfer für die Christen und die hl. Stätten im Hl. Land
8.30 Uhr Palmweihe bei der Vigilkirche, Palmprozession in die Pfarrkirche,
9.00 Uhr Festmesse mit dem Kirchenchor
13.00 Uhr Palmprozession zur Romediuskirche, danach nach Rum und auf dem Feldweg zurück nach Thaur
Wenn die Palmprozession witterungsbedingt nicht stattfinden kann, wird um 17.00 Uhr eine Andacht in der Pfarrkirche gebetet.
Haller Palmeselprozession
In Hall besteht dieser Brauch seit dem 15. Jahrhundert. Der Haller Palmesel hat einen hohlen Bauch und wurde früher mit geweihten Broten gefüllt, die beim Zug durch die mit Kopfstein gepflasterten Straßen heraus fielen und von den Kindern aufgesammelt wurden.
Palmsonntag Hall in Tirol
HOSANNA, HOSANNA, HOSANNA IN DER HÖHE!
Mit dem Palmsonntag beginnt die Karwoche, die "Heilige Woche". Die Palmsonntagsliturgie startet am Oberen Stadtplatz um 9.30 Uhr mit der Weihe der Palmzweige und der anschließenden Palmprozession mit Einzug in die Kirche. Um die anschließende Eucharistiefeier in der Kirche zeitlich etwas zu straffen, wird die Kurzfassung der Leidensgeschichte nach Markus vorgetragen.
Alle, die sich bewusst und in Ruhe auf die gesamte Leidensgeschichte einlassen wollen, sind zur Eucharistiefeier am Abend um 19 Uhr in der Pfarrkirche St. Nikolaus eingeladen.