Faktorei der Fugger. Hall in Tirol
Als sich die Fugger in ihrer Geschäftstätigkeit an der Wende zum 16. Jahrhundert auf das Bank- und Erzgeschäft konzentrierten, erhielt der Raum Tirol aufgrund seines Bergsegens eine besondere Bedeutung. Das schlug sich auch in der Stellung der hiesigen Faktoreien (Handelsniederlassungen) nieder. Eine solche ist in Hall ab ca. 1511 nachzuweisen. Bis 1525 hatte allerdings Innsbruck die Führungsposition im Land. Bald danach aber nahm Hall, etwa gleichauf mit Schwaz, die erste Stelle ein und wurde sogar zu einer der wichtigsten innerhalb der mittelgroßen Vertretungen. Bald stand es in einer Reihe mit Nürnberg, Leipzig, Rom und Neapel. In den Jahren 1533 bis 1538 nahm Hall in Tirol je nach Berechnungsmethode die vierte oder fünfte Stelle aller (!) Fuggervertretungen ein. Mit dem Jahr 1539 ging die Bedeutung Halls allerdings gegenüber Schwaz zurück, bis die Niederlassung 1554 auch formal endgültig aufgelöst wurde.




Bedeutung
Die Bedeutung der Haller Faktorei lag vor allem in der Wahrung der Interessen des Augsburger Handelshauses gegenüber der „oberösterreichischen Regierung“ in Innsbruck. In Zusammenhang mit dem Tiroler Kupfer- und Silberhandel flossen über Hall große Geldsummen. Aber auch im Bankenwesen erfüllte die Haller Niederlassung eine sehr bedeutende Funktion. Grund dafür war, dass über die Haller Münze und die landesfürstliche Saline alle Einnahmen aus dem Tiroler Bergwerksregal abgewickelt werden mussten. Die Nähe zu diesen Einrichtungen war also für die Fugger essentiell. Als bedeutende Geldgeber Sigmunds, Maximilians I. und ihrer Nachfolger erhielten sie enorme Beträge aus deren landesfürstlichen Einnahmen, die in Hall verrechnet wurden.
Sitz
Das ehemalige Kontor befand sich zwischen etwa 1511 und 1539 im heutigen Haus Musterstrasse 4, wozu damals sehr wahrscheinlich auch das Haus Eugenstrasse 9 gehörte.
Auf den europäischen Spuren der Fugger – Reisen zu Erzstätten, Faktoreien und kulturellen Meisterwerken
Die „Europäische Fuggerstraße“ führt ins Süddeutschland, Österreich, Italien und in die Slowakei
Noch nach einem halben Jahrtausend fasziniert der kometenhafte Aufstieg des Augsburger Montankonzerns. Dieser ließ die Fugger so reich werden ließ, dass sie Kaisern, Königen, Kurfürsten und Kardinälen Kredit gewähren konnten. Aber kaum jemand weiß, dass die Fugger ohne Tiroler Startkapital, Bergknappen und Bergsegen, ohne Erz und innovatives Ingenieurswissen aus der heutigen Slowakei nie so weit gekommen wären.
Banská Bystrica in der Slowakei – das frühere Neusohl war eine der deutschen Bergbaustädte im damaligen Königreich Ungarn – Hall in Tirol, Schwaz und Sterzing in Tirol sowie Bad Hindelang im Oberallgäu sind Reiseziele an der „Europäischen Fuggerstraße“, die natürlich auch in die Fuggerstadt Augsburg führt.

In der von allen Erzabbaustätten so weit entfernten schwäbischen Stadt am Lech wurden Jakob Fugger und seine Nachfolger mit Erzabbau in sieben Ländern im heutigen Europa – in Österreich und in Italien, in der Slowakei, in Tschechien, Polen und Spanien sowie in Deutschland – legendär reich. Was um 1490 mit Gold- und Silberbergbau im Salzburger Land begann, endete 1663 mit letzten Grubenanteilen am Schneeberg bei Sterzing. Die Fugger waren in dieser Zeit nicht nur die kunstsinnigen und baulustigen „deutschen Medici“, sie waren vor allem die „Krupps der Frühen Neuzeit“.
Die neue Kulturreiseroute hat Tiefgang – nicht nur, weil man in Bergbaumuseen und Schaubergwerken in Hall in Tirol, Schwaz und Sterzing etliche hundert Meter tief in das Dunkel der Salz- und Erzabbaustollen eintaucht. Die „Europäische Fuggerstraße“ (Konzeption: Martin Kluger) informiert tiefgehend zur Montangeschichte der Frühen Neuzeit: Stadtführungen, Schaubergwerke, Bergwerkslehrpfade und Museen verraten vieles über die Wirtschaft und Politik im 16. und 17. Jahrhundert, sie führen zu technischen Denkmälern – und damit zu Themen von der Metallurgie bis zur Wasserhaltung. Und sie erzählen vom harten Alltag der Bergarbeiter und ihrer Familien. Doch in den Bergbauorten stößt man (neben dem Erlebnis Landschaft) auch auf Fuggerhäuser und andere Denkmäler der Familie. In der Fuggerstadt Augsburg verwandelten sich die Erträge das Montankonzerns am Ende in Architektur, Kunst – und nicht zuletzt in Stiftungen wie die 1521 von Jakob Fugger „dem Reichen“ begründete Fuggerei. Augsburgs erste lebensgroße Bronzefigur – der Neptunbrunnen bei der Fuggerei – stand einst im Lustgarten eines Fuggers: Dieses Renaissancekunstwerk war wohl nicht zuletzt als Werbung für den damals innovativen Bronzeguss gedacht, für den massenhaft Kupfer benötigt wurde.
Der Montankonzern der Fugger in …